Pico

Azoren Pico UNESCO Weinbau
Azoren Pico-Gipfel

Pico (“ilha montanha”), die mit 445 qkm zweitgrößte Insel des Archipels, wird von dem gewaltigen namengebenden Vulkankegel beherrscht. Mit 2350 m ist der Pico der höchste Gipfel der Azoren und ganz Portugals (Foto oben rechts). Höhe und Steilheit dieses wahrhaft majestätischen Vulkans, der sanft aus dem blauen Fluten des Atlantiks bis in die Wolken aufsteigt, sind kaum zu erahnen, bis man den ersten Fuß setzt und mit dem Aufstieg beginnt. Die Insel Pico bietet jedoch mehr als den beherrschenden Gipfel, denn das geologische Rückgrat der zweitgrößten Azoreninsel setzt sich weit nach Osten hin fort. Hier reiht sich auf einer mittleren Höhe von 800 m ein Vulkankegel an den anderen; verborgen in den Senken liegen kleine Seen.

Der Westen und die Mitte der Insel waren bis in historische Zeit von Vulkanausbrüchen betroffen. Hier hat sich auch 1718 auf 1300 m Höhe an den Hängen des Pico die jüngste Eruption ereignet. Der Lavastrom floss nach Norden und erreichte bei Santa Luzia die Küste. Auf solchen felsigen jungvulkanischen Lavadecken, genannt mistérios (“Mysterien, Geheimnisse”), konnte sich bisher kaum eine Bodenkrume bilden. Auf den feuchtwarmen Azoren erobert die Natur solche Gebiete jedoch binnen weniger Jahrhunderte, da die genügsamen Pflanzen in dem verwitternden Gestein genügend Nährstoffe und Wasser zum Gedeihen finden. Ältere mistérios sind daher mit Wald bedeckt.

In niedrigeren Höhenlagen, gerade auch in Küstennähe, haben die Menschen jedoch keine Mühe gescheut, mistérios in Kulturland umzuwandeln. Alle herumliegenden Lavabrocken in dem felsigen Gelände wurden zu Steinmäuerchen und bisweilen sogar zu Lesesteinhaufen (maroiços, an den westlichen Pico-Hängen bis zur Küste hinab) zusammengetragen. Durch das labyrinthische Gewirr der Mauern entstanden kleine geschützte Gevierte (curais; Foto oben links). In diesen sogenannten Lavagärten (UNESCO-Welterbe) werden insbesondere Wein (bis maximal 100 m Meereshöhe), aber auch Feigen und anderes Obst (bis 300 m Meereshöhe) kultiviert. Oberhalb der Obstbauzone schließt sich saftiges Weideland an.

Die Besiedlung der Insel, die heute rund 15.000 Bewohner hat und ursprünglich São Luís hieß, begann um 1460 bei Lajes do Pico. Hier gingen die ersten Siedler an Land, wohl angelockt von der geschützten Bucht. Lajes war über Jahrhunderte ein Zentrum des Walfangs, der für die ganze Insel Pico von großer wirtschaftlicher Bedeutung war. Die Männer von Pico galten als ganz besonders mutige Walfänger; Herman Melville hat ihnen in seinem Roman “Moby Dick” ein literarisches Denkmal gesetzt.

Pico Karte

Die Besteigung des 2350 m hohen Pico sollte gut geplant werden. Der Aufstieg beginnt an der Casa da Montanha (Berghütte). Die Sicherheitsinstruktionen und Vorschriften, über die man in der Berghütte informiert wird, sind verbindlich. Im Vorwege an warme Kleidung, Regenschutz, ausreichend Wasser, Notproviant und guten Sonnenschutz denken. Nach Registrierung in der Casa da Montanha (Vorschrift) und Aushändigung eines GPS-Notrufgerätes (keine GPS-Routenführung!) beginnt der anstrengende, zumeist steile Aufstieg, nur anfänglich auf guten Pfaden, dann Spur über Schutt und loses Geröll. Sicheres Orientierungsvermögen erforderlich. Der Routenverlauf ist (insbesondere im Frühjahr) nicht immer eindeutig. Nebel und Regen können rasch aufziehen, was die Orientierung extrem erschwert. Ein frühzeitiger Aufbruch empfiehlt sich, um bis Mittag (gewöhnlich die Zeit stärkster Wolkenballung) den Gipfel erreicht zu haben. Die Pico-Besteigung empfiehlt sich in Begleitung eines örtlichen Führers. Ein qualifizierter Bergführer, der ausgezeichnet Englisch spricht, ist João (John) Xavier, Tel. 962 408 417 (gerne Gruß von mir sagen!). João betreibt das kleine, sympathische Unternehmen Caminhando, spezialisiert auf Wandern und Outdoor-Aktivitäten rund um die Insel Pico. Man findet Caminhando auch auf TripAdvisor.

In der ZEIT ist am 17.9.2005 ein Artikel über Pico erschienen.

Plant man ausgedehnte Wanderungen auf Pico zu unternehmen, so sollte man sich ein Haus in einem der kleinen Orte in der Obstanbauzone der Walfängerinsel mieten. In den Herbstmonaten kann man hier die Weinlese besonders gut verfolgen und vielerorts auch den schweren roten Wein der Region verkosten, der im 19. Jahrhundert bis an den Zarenhof in Sankt Petersburg exportiert wurde. In den Weinkellern der Insel wird darüber hinaus selbst gebrannter 40 bis 45-prozentiger Schnaps (aguardente) gereicht, der besonders gut zu dem ebenfalls weithin bekannten Inselkäse schmeckt. Pico hat seinen Besuchern damit nicht nur landschaftlich, sondern auch kulinarisch einiges zu bieten.
 

Valid HTML 4.01 Transitional