Irische Namen

Wer versteht sie noch - die “sprechenden Namen” von einst?
Ein irisch-gälisches Glossar

Wer einmal in der Gaeltacht, der mehrheitlich irischsprachigen Region des Landes, vor einem Wegweiser gestanden hat, kennt das Problem. Der Versuch, die zungenbrecherischen Buchstabenfolgen zu entziffern, geschweige denn auszusprechen oder gar zu verstehen, scheitert meist kläglich. Obwohl das Englische heute stark dominiert, ist die Grüne Insel ein zweisprachiges Land; in der Republik ist Irisch sogar erste offizielle Landessprache. Über Jahrhunderte wurde die alte Sprache der Iren, das zum Keltischen gehörende Gälisch (an Gaeilge), von den herrschenden Engländern unterdrückt. Nur etwa jeder vierte Ire ist heute noch des Gälischen mächtig. Der Anteil der Muttersprachler ist freilich weitaus geringer und trotz aller Bemühungen zur Rettung der Sprache unaufhaltsam im Rückgang begriffen.

Allenthalben begegnet man auf Streifzügen durch Irland den alten gälischen Benennungen, denn nur ganz wenige Orts- und Flurnamen sind nicht keltischen, sondern skandinavischen oder englischen Ursprungs. Die amtlichen topographischen Karten sind zweisprachig gehalten: dem Gälischen ist die heute zumeist übliche und leichter auszusprechende, teilweise jedoch ungenau anglisierte Schreibweise beigefügt. Die ursprüngliche Bedeutung der sprechenden Namen erschließt sich freilich nur über das Gälische.

Die irischen Orts- und Flurnamen sind allesamt anschaulich beschreibend. Sie erzählen von den Besonderheiten der Landschaft, seien es kahle Anhöhen (maol), vernässte Hänge (leitir), flache Bergkuppen (céide) oder Gebirgsketten (sliabh). Sie benennen die Namen örtlicher Herrscher oder berichten von Ereignissen aus grauer Vorzeit, von früheren Herrschern oder sagenhaften Gestalten. Derrynane etwa, gälisch Doire Fhionnán, heißt “Finians Eichenhain”. Häufig sind auch religiöse Bezüge, zum Beispiel bei den Wörtern, die mit “kil” oder “kill” beginnen, was zumeist gäl. cill (Kirche) bedeutet. Die Verkleinerungsform wird im Gälischen durch die angehängte Silbe -ín (anglisiert -een) ausgedrückt, ähnlich wie im Deutschen -lein oder -chen. Verstreut in ganz Irland finden sich beispielsweise über 80 Weiler mit dem Namen Killeen (cillín), also “Kirchlein”.

Glossar irisch-gälische Wörter, die häufig in Ortsnamen auftauchen; in Klammern die anglisierte Schreibweise

Abh, Abhainn (aw, ow, avon, owen) - Bach, Fluss

Achadh (agha, augh) - Feld

Alt (alt) - Anhöhe

Ard (ard) - Anhöhe, Vorgebirge

Ath (anna) - Furt, Flussüberquerung

Baile (bally) - Siedlung, Weiler, Dorf, Ortschaft

Bán (bawn) - weiß

Beag (beg) klein

Beann (ben) - Gipfel oder Bergspitze

Bóthar (boher) - Viehweg, Straße

Bothairin (bohereen) - Sträßchen

Carn (cairn) - Steinhaufen

Carraig (carrick, carrig) - Fels

Cathair (caher) - Stein-Fort

Ceann (ken, kin) - Landspitze

Cill (kill) - kleine Kirche, kleines Kloster

Cillín (killeen) - Friedhof für ungetaufte Kinder

Cloch (clogh) - Stein

Clochóg (cloghogue) - Trittsteine

Cluain (cloon, clon) - Wiese, Weide

Cnoc (knock) - Hügel, Anhöhe

Coill (kyle, kill) - Wald

Coire (corrie) - Kessel, Kar

Com (coom) - Kar

Cor - Kuppe

Cruach (croagh) - steile Anhöhe

Doire (derry) - Eichenwald

Droim (drom, drum) - Bergrücken

Dubh (duff) - schwarz, dunkel

Dún (doon) - Fort

Fionn (fin) - hell

Garbh (garrif, garra) - zerklüftet

Glas (glass) - grün

Gleann (glen) - Tal

Inbhear (inver) - Flußmündung

Inis (inch, inish) - Insel

Leitir (letter) - vernäßter Hang

Lios - (liss) - Ring-Fort

Loch (lough) - See

Mac - Sohn

Mám (maum) - Bergpaß

Mór (more) - groß

Mullach (mullagh) - Gipfel

O' - Enkel

Oileán (illaun) - Insel

Rath (rath) - Ring-Fort

Rua (roe) - rot

Sean (shan) - alt

Sliabh (slieve) - Berg

Tír (teer) - Land

Trá (tra) - Strand

Tulach (tulagh) - kleine Anhöhe, Hügel

Uisce - Wasser